Schilder im öffentlichen Raum und Landschaftsinstallationen
 

Die Arbeit im Offenem begann 1985, als die abgehobene Welt der Kunstgalerien, Museen und sogenannter Kunstexperten und -funktionäre begann, mich zunehmend zu irritieren und gleichzeitig zu langweilen.

In einer Welt, in der über 87% der Menschen Analphabeten sind, geht es im Kunstmarkt hauptsächlich um Markenbildung und Besucherzahlen. Kunst verkommt darin zur bloßen Ware. Die ursprüngliche Idee, den Menschen neue Sichtweisen auf die Welt zu ermöglichen, geht an einen Tummelplatz verloren, an dem sich Marketing und Eitelkeiten die Hand reichen.

Dass Kunst eine internationale Sprache ist - die auch von Analphabeten verstanden werden kann - wird leider vergessen.


Es erschien mir gleichzeitig als Maler nicht ganz ehrlich, dass der Nagel - an dem das Bild wie ein Schinken an der Wand hängt - nicht auch von der Malerei thematisiert wird...  Deswegen konstruierte ich Bilder, die auf Stangen selbständig von der Architektur bestehen können - dann merkte ich, das es diesen Gegenstand schon gibt.


Man nennt ihn "Schild".


In den folgenden 40 Jahren entstanden auf drei Kontinenten rund 35 Außenarbeiten in öffentlichen und auch kunst- aber nicht kulturfremden Räumen. Die Arbeiten sind oft auf meinen Fahrradreisen – z.B. 1988 auf meiner Reise von Pakistan nach China – entstanden. Zu den Ausstellungsbesuchern gehörten LKW-Fahrer, Fußballfans, Soldaten/innen, junge Taliban in Pakistan und andere Passanten...


Als Stipendiat hatte ich 1986 in der Klasse des Architekten Otto Steidle gelernt, dass man immer erst die Umgebung analysieren muss, bevor man im Außenraum gestalterisch tätig wird. Nach vorausgehenden Skizzen, die sich auf die jeweilige Umwelt bezogen, malte ich vor Ort die Motive der Schilder auf Alubleche und positionierte sie dann auf dünnen Alurohren in den jeweiligen Zusammenhang. Ich hatte auf meinem stets schlank gepacktem Rennrad auch immer diese Materialien zum Malen und oft auch eine Kleinbildkamera sowie eine alte Agfa Mittelformat Kamera in der Satteltasche dabei.


Aus den vorhandenen Elementen der Umgebung entstehen so Schilderreihen in der Umgebung, deren Merkmale zugleich die Inhalten dieser Schilder sind.

Man könnte es als eine Art sich selbst inne gewordener Landschaftsmalerei verstehen, die so zum Teil der Landschaft wird.

Neo-Romanticism goes very far...


Die Wüste war mir durch mehrere Radtouren in Tunesien, Algerien und der Takla Makan vertraut. In meiner Arbeit „Wüstentierchen“ können die Inhalte der Bildtafeln auch die Bedingungen der eigenen Wahrnehmung bezeichnen.

Meine Installationen entstehen oft spontan, en passant vor Ort.



Die Installation „Zu Ehren Allahs“ mit einem fehlenden Quadrat in einer der Schildflächen wurde beispielsweise in einer der größten Moscheen der Welt, in der Grand Mosque in Lahore morgens um 04.30 kurz nach Sonnenaufgang mit Erlaubnis des Imam installiert. Erst als ich ihm sagte, das die Arbeit zu Ehren Allahs entstanden ist, gab er mir die Erlaubnis zur Installation.

Das alles geschah nur wenige Tage, nachdem die U.S.A. aus Versehen ein iranisches Pilgerflugzeug über dem persischem Golf abgeschossen hatte, die Stimmung war ausgesprochen aufgeheizt und gereizt...


Breslau Galerie Avangarda BWA, 1994 „Transformers“

Die auf Einladung des dortigen Museums Galerie Avantgarda entwickelte Arbeit verläuft auf 100 m über einen zentralen Platz in der ehemaligen schlesischen Hauptstadt.

Die auf 10 Schildern dargestellten vergrößerten Zeichnungen, von aktuellen Passanten und ehemaligen deutschen Bewohnern gefertigt, zeigen Handskizzen von Bürgern der Stadt, darunter auch meine Mutter.

In der Konzeption der Arbeit wurde um das Zentrum der Stadt ein Kreis wie ein Ziffernblatt einer Uhr gezogen, auf den Positionen 12-6 Uhr machte ich jeweils ein Foto der Stadt und fragt die Passen nach einer Wegskizze. Für die Positionen von 6-12 ließ ich mir Zeichnungen von ehemaligen Bewohnern der Stadt machen.

Die Zeichnungen – welche teilweise aus einer 50-jährigen Erinnerung heraus - eine Wegbeschreibungen sowohl auf Deutsch als auch Polnisch zum Hatzfeldpalais zeigen, laufen in meiner Installation als Schilder-Reihe über den öffentlichen Platz vor dem Palais.


Die Rückseite der Schilder zeigt eine Photoarbeit mit Dingen der Stadt Breslau, u. A. auch den als Transformer bezeichneten - öffentlich allgegenwärtigen – Mülleimer. Er verwandelt alte Liebesbriefe, Lose und Zeitungen in einen alten Rohstoff für unser neues Kommunikationszeitalter.


Dieser Palast war im zweiten Weltkrieg während der halbjährigen russischen Belagerung der Stadt das Kommandozentrum der Waffen-SS. Meine öffentlich gestellte Frage: “Wie geht es bitte zum Kulturverein“ löste in Polen eine stark kontrovers geführte Diskussion über historische Manipulationen sowie deutschen Revanchismus aus. Im einem damaligen Fernsehinterview zur Installation habe ich auf die neuen Möglichkeiten einer Mittel-Europäischen Metropole innerhalb der EU hingewiesen.

Auch aus dieser Diskussion heraus entstand in Polen ein neues Selbstverständnis - auch zu ihren deutschen Anteilen.
In dieser mitteleuropäischen ehemals deutschen und jetzt polnischen Region Schlesien wurde um 1700 die Transformations-Philosophie entwickelt, inzwischen gibt es dort teilweise auch zweisprachige Ortsschilder auf Polnisch und Deutsch, Breslau wurde europäische Kulturhauptstadt und der Transformer hat es nach meiner Ausstellung dort bis in den Kulturteil des SZ-Magazins gebracht.


Jahre später wurde ich von der Journalistin Sabine Magerl eingeladen, auf der documenta ein Video meiner Schilder-Arbeiten zu präsentieren. Da ich damals aber das Geld für meine Familie im Print-Management verdienen musste, hatte ich leider kurzfristig keine Zeit für diese Präsentation meiner Arbeit...